Körperpsychotherapie

Die Körperpsychotherapie gehört zu den ältesten Richtungen der modernen Psychotherapie. Ende des 19. Jahrhunderts und bis Mitte des 20. Jahrhunderts erforschten sowohl Pierre Janet, Georg Groddek, Elsa Gindler und Wilhelm Reich in der Praxis Geist-Körper-Zusammenhänge mit dem Schwerpunkt darauf, wie Atmung und Muskulatur bei Angst und Unwohl-Sein sowie bei Liebe und Entspannt-Sein reagieren.

Heute ist die Körperpsychotherapie eine Wissenschaft, deren theoretische Wurzeln in der Neurobiologie, Neurophysiologie, Neuropsychologie, Neonatologie, Entwicklungspsychologie, Bindungsforschung, Anthropologie, Ethnologie, in Persönlichkeits- und Strukturmodellen liegen sowie in ihren praktischen Erfahrungen zu Methoden und Interventionen. Körperpsychotherapie ist eine von der EAP, European Association for Psychotherapy, validierte und wissenschaftlich anerkannte Psychotherapiemethode.

Das Fundament der Körperpsychotherapie ist das klare Vorhandensein einer Theorie zu Körper-Geist-Funktionen. Dieses theoretische Fundament beschreibt die Komplexität der Interaktion zwischen Körper und Geist in ihrem Umfeld.

Dabei spielt das Autonome Nervensystem als Schnittstelle zwischen Psychologie und Physiologie eine wichtige Rolle. Die zugrunde liegende Annahme ist, dass der Körper die ganze Person reflektiert und dass eine funktionale Einheit zwischen Körper und Geist besteht. Der Körper bedeutet nicht nur „Soma“ als etwas Getrenntes vom Geist oder der Psyche. Psyche und Körper sind interaktive Bestandteile im gesamten Organismus. Dies ist seit Beginn der Körperpsychotherapie der Ausgangspunkt. Durch den Einzug der Neurobiologie in Bereiche der Pädagogik, Psychologie und Psychotherapie nähern sich jetzt auch andere Psychotherapieformen dieser komplexen Denkweise an.

Die verschiedenen Varianten innerhalb der Körperpsychotherapie greifen das Zusammenwirken zwischen Körper und Psyche in unterschiedlicher Art und Weise auf. Sie legen unterschiedliche Schwerpunkte in Bezug auf Methoden zur bewussten Erdung, Atmung, Bewegung, therapeutischen Berührung und zum gestaltenden Ausdruck. Sie pflegen einen spezifischen Umgang mit existentiellen Themen, benutzen oftmals unterschiedliche Gesprächsmethoden und Interventionen, welche Bindung und Respekt für Grenzen fördern, um die senso-motorische Körperwahrnehmung zu erhöhen sowie um in Kontakt mit Gefühlen zu kommen und die Selbstregulation zu fördern.

Durch diese Herangehensweisen lassen sich physiologische Schutzreaktionen in ihrem chronologischen und psychischen Kontext verstehen. So können beispielsweise durch erhöhten Stress oder durch traumatische, unbewältigte Ereignisse entstandene Schutzreaktionen bearbeitet und durch neue sensu-motorische Verhaltensweisenersetzt werden. Aus einem unbewussten Affekt mit eingefrorenen Bewegungen kann sich so eine bewusste Emotion entwickeln, die im Körper wahrgenommen und verbal kommuniziert werden kann.

Die Körperpsychotherapie erzielt ein verändertes Verhalten im Alltag, einen verbesserten Kontakt mit dem eigenen Körper und der senso-motorischen Wahrnehmung sowie einen sicheren Kontakt mit den eigenen Gefühlen. Viele Menschen erfahren durch die Therapie ein positiveres Lebensgefühl und einige spüren einen tieferen, spirituellen Sinn in ihrem Leben.

Christina Bader-Johansson 2012